Von Claude Weiss
Seit dem 23. Juli und bis zum 4. September läuft die Venus zurück, das heisst von der Erde aus gesehen entgegengesetzt zum Tierkreis. Professionelle Astrologinnen und Astrologen wissen allerdings, dass die damit verbundene Phase widersprüchlicher und gegen den Strich laufender Venus-Entsprechungen sogar schon dann beginnt und endet, wenn der Liebesplanet im Transit über jene Grade geht, auf welchen er in rückwärts gerichteter Bewegung laufen wird oder bereits gelaufen ist. Dies sind die Grade von 12 – 28 ½ Löwe, und die um den Schattenbereich erweiterte Rückläufigkeit dauert dementsprechend vom 19. Juni bis zum 7. Oktober 2023, eine Zeit, während welcher die laufende Venus jeweils drei Mal über die gleiche Stelle des Horoskops geht. Das dauert natürlich und es kommt unter anderem darüber zum Ausdruck, dass unter solchen Umständen die Venus mehr als vier Monate braucht, um durch das Löwezeichen zu gehen, während sie sonst dafür weniger als vier Wochen benötigt. Dies gibt uns reichlich Zeit, uns mit den verschiedenen Entsprechungen des Planeten der Schönheit und Harmonie auseinanderzusetzen und uns bewusst zu machen, welche Bedürfnisse wir in dieser Hinsicht hegen.
Ein bestehender Mangel wird uns bewusst
Für den Planeten der Liebe, des Wohlstands und der Ausgewogenheit bedeutet dies, dass uns dessen Entsprechungen, ebenso wie das Prinzip des Ästhetischen und Massvollen, zurzeit häufig in gestörter Form begegnen. Dies gemäss der uns allen bekannten Situation, dass uns die Existenz eines bestimmten Zahns in unserem Munde nie so bewusst ist, wie wenn er schmerzt. Sind wir unfreiwillig alleine, kann sich unter rückläufiger Venus die Sehnsucht nach einer Beziehung dementsprechend ins Unermessliche steigern. Befinden wir uns andererseits in einer Partnerschaft, die wir für gegeben und selbstverständlich nehmen, kann es wiederum heilsam sein, dass wir eine Verunsicherung erfahren, die uns vor Augen führt, wie wichtig uns der Gefährte oder die Gefährtin ist. Im Löwezeichen kommt hinzu, dass Ausdrucksformen des Überlegenen, Strahlenden und Glanzvollen, traditionell des «Königlichen», aber auch der Urlaubs- und Freizeit, in der man sich in einem günstigen Land und bei entsprechendem Wetter wie ein König oder eine Königin fühlen möchte, einer Prüfung unterzogen werden. Es kommt zu Extremen und Extremsituationen, in denen sich das, was wir normalerweise als erwünscht und begehrenswert betrachten, ins Gegenteil umkehrt. Statt dass wir angenehme Temperaturen geniessen können, landen wir vielleicht in einem Glutofen, wenn nicht gar in einem Flammeninferno, oder Hagel und Überschwemmungen vermiesen uns den ersehnten und idealisierten Aufenthalt am Ort unserer Träume. In solchen Zeiten wird uns bewusst, dass nicht das Maximum das ist, was uns gut bekommt, sondern Schönheit und Genuss vor allem über das Massvolle zum Ausdruck kommt.
Malen wir uns die Dinge allzu schön aus, werden wir enttäuscht
Dies mussten in diesem Jahr viele Ferienreisende erleben, die, nach erzwungener coronabedingter Zurückhaltung, sich für ihren Urlaub voller Erwartung nach bewährter Manier einen Ferienort im südlichen Mittelmer ausgesucht hatten. Normalerweise hätten sie bei einer Ferienwahl zu einem frühen Sommertermin davon ausgehen können, dass Temperaturen und Waldbrände ihren Urlaub nicht stören. Kommt die Venus-Funktion jedoch in verzerrter Form zum Ausdruck, wie dies bei Rückläufigkeit häufig der Fall ist, kann alles ganz anders herauskommen. Dann läuft der Liebesplanet nämlich in vielen Fällen lange Zeit im gleichen Rhythmus wie der an sich langsamere Mars, weil die schnellere Venus vor ihrer Rückläufigkeit an Geschwindigkeit einbüsst und damit im Gleichschritt mit dem dynamischen Kriegsgott voranschreitet, was einiges an Leidenschaft, aber auch Aufregung verheisst. Dies war mit der von Mitte Juni bis Mitte Juli dauernden Venus/Mars-Konjunktion im Orb von 5 – 6 Grad zu beobachten. Noch extremer kann es dann werden, wenn die Venus gleichzeitig markante Aspekte zur Lilith und zum Uranus bildet. Dann ist nichts mehr mit den harmonischen Proportionen, die wir in Form des goldenen Schnittes – ein wichtiges Prinzip der Venus – als besonders schön erleben. Es kommt zu Übertreibungen sowie Verzerrungen und nichts ist mehr im Lot. Dann erleben wir schnell einmal sowohl Situationen des Mangels als auch des Zuviels. Die erste Konjunktion der Venus mit der Lilith ereignete sich am 28. Juni, die zweite in rückläufiger Bewegung am 8. August und die dritte, wieder direktläufig, findet am 9. Oktober statt. Nicht weit davon entfernt ereignen sich die unberechenbaren Quadrate der Venus zum Uranus: Das erste am 2. Juli, danach am 9. August und schliesslich am 29. September.