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100 Jahre biodynamische Landwirtschaftvon Alexandra Klinghammer
In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts passierte in der Landwirtschaft Wegweisendes. Den Ausschlag gab eine kleine Gruppe von wachen und sensiblen Zeitgenossen, die damals in der Landwirtschaft tätig waren. Sie bemerkten, dass die Qualität der Nahrungsmittel, mit denen sie es täglich zu tun hatten, sich verschlechtert hatte. Die Kartoffeln schmeckten nicht mehr so gut wie früher. Das Getreide war weniger vital und gesund, und die Pilzkrankheiten nahmen zu. Das alles passierte, bevor die Massenproduktion, wie wir sie heute kennen, in Gang kam. Es waren lediglich erste, feine Veränderungen, die auf den Höfen nicht zu grösseren Problemen führten, aber dennoch zeigten, dass etwas in die falsche Richtung lief. Der Wunsch nach neuen Impulsen für den Landbau liess diese Gruppe, die anthroposophisch inspiriert war, aktiv werden und nach einer Lösung suchen. Das Zentrum dieser Gruppe bildete Carl Graf von Keyserlingk, der in Koberwitz bei Breslau ein grosses Gut besass. Auf seine Initiative hin und aufgrund seiner Hartnäckigkeit gelang es ihm, den Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner, dafür zu gewinnen, ein Konzept für eine neue Landwirtschaft zu entwickeln. Zu diesem Zweck schickte er seinen Neffen zu Steiner nach Dornach in die Schweiz mit dem Auftrag, nicht vorher zurückzukommen, bis Steiner seine Zusage gab. Der Neffe war erfolgreich. Steiner reiste nach Koberwitz, wo er zu Pfingsten 1924 vor hundert Teilnehmern acht Vorträge zum Aufbau einer geistig inspirierten Landwirtschaft hielt, in der spirituelle und kosmische Aspekte eine wesentliche Rolle spielen. Mit dieser Vortragsreihe - dem sogenannten Landwirtschaftlichen Kurs - beginnt im Juni 1924 die biodynamische Bewegung, die sich seither über die ganze Welt ausgebreitet hat. Martin von Mackensen, der an der jüngsten Neuausgabe des Landwirtschaftlichen Kurses mitgewirkt hat, berichtet, wie die Vorträge damals zustande kamen. So hatte sich Steiner im Vorfeld der Tagung Notizen gemacht, liess diese dann aber auf der Seite, um sich beim Referieren ganz seinen Eingebungen aus der geistigen Welt zu überlassen. Seine Worte waren unmittelbar aus der geistigen Welt heruntergesprochen, so von Mackensen. Dass die Pfingsttagung, die quasi als Geburtsstunde des Biolandbaus gilt, im Spätfrühling 1924 zustande kam, muss im Nachhinein als Glücksfall betrachtet werden. Steiner war zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich schon angeschlagen. Dreieinhalb Monate später, am 28. September 1924, hielt er seinen letzten Vortrag, den er jedoch aufgrund der ihm noch zur Verfügung stehenden Kräfte nicht zu Ende führen konnte. Steiner starb ein halbes Jahr später, am 30. März 1925. Nachdem mir vor einigen Wochen die Entstehungsgeschichte der biodynamischen Landwirtschaft bekannt wurde, stiess ich kurz danach auf dem deutsch-französischen Kultursender Arte auf eine Dokumentation, die die Geschichte des Biolandbaus anlässlich ihres hundertjährigen Bestehens von ihren Anfängen bis heute nachzeichnet. Über den unten angefügten Link gelangen Sie direkt zur Sendung. Wer näher ins Thema einsteigen möchten, findet darunter einen Link zu einem Vortrag von Martin von Mackensen, in dem dieser die Grundlagen der biodynamischen Landwirtschaft, wie sie Steiner damals formulierte, beleuchtet. Arte-Doku Die Bio-Revolution: Die Karriere der ökologischen Landwirtschaft
Liebe zur Erde: 100 Jahre geistig inspirierte Landwirtschaft(Zu Beginn des Videos wird ein Text vorgelesen. Wer diesen nicht anhören möchte, spult zu Minute 8.25 vor, wo der Vortrag startet.) Ich wünsche Ihnen alles Liebe und Gute sowie lichtvolle, besinnliche und friedliche Festtage.
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